Mittwoch, 5. Juni 2013

Metall weichglühen

Metall ausglühen

Durch jede Kaltumformung, wie zum Beispiel Hämmern, Walzen und Biegen, wird das bearbeitete Metall härter (spröder), da sich seine Kristallstruktur verändert. Diese Strukturveränderungen bewirken Spannungen, die für die weitere Bearbeitung sehr hinderlich sein können, da sie die Verformbarkeit reduzieren und das Material anfälliger für Rissbildung machen.

Die beiden auf dem Bild zu sehenden Metallstücke waren ursprünglich ein Runddraht, der nach mehrmaligem Walzen ohne zwischenzeitliches Glühen der Länge nach zerrissen ist, was eine - zugegebenermaßen - sehr interessante Oberflächenstruktur erzeugt hat (siehe linke Seite der Drähte), aber alles andere als Absicht war...


Um die Spannungen wieder zu reduzieren (Rekristallisation), muss das Metall erhitzt werden. Dieser Vorgang wird als glühen, ausglühen oder weichglühen bezeichnet. Die Temperatur und Dauer des nötigen Erhitzens hängen dabei vom jeweiligen Metall und dem Materialvolumen ab. Laut Wikipedia wird die Rekristallisationstemeratur häufig als Faustregel auf 40 % oder 50 % der absoluten Schmelztemperatur geschätzt. Da aber die meisten Hobbygoldschmiede weder die technische Möglichkeit noch die nötige Erfahrung haben, Temperaturen gradgenau einschätzen zu können - ich zumindest kann es nicht - verzichte ich an dieser Stelle auf eine Tabelle, die die genauen Temperaturen aller Metalle aufzählt.

Für gewöhnlich wird Metall mit einem Lötbrenner ausgeglüht. Es kann aber auch ein Ofen verwendet werden. Dieser hat den Vorteil, dass man die benötigte Temperatur genau eistellen kann. Jedoch dauert die Aufwärmzeit meist so lange, dass man mit dem Brenner deutlich schneller ist.

Wird mit einem Brenner gearbeitet, muss die Temperatur anhand der Farbveränderung des Metalls geschätzt werden. Dafür ist es sinnvoll den Raum abzudunkeln, da sich die Verfärbung so besser wahrnehmen lässt.
Kupfer sollte geglüht werden, bis es tief rosa wird, Silber bis es sich stumpf-rosa verfärbt. 9-karätiges Gold sollte eine stumpf-rote, 18-karätiges Gelbgold und 18-karätiges Weißgold eine tief-rosa und 18- karätiges Rotgold eine tief-rote  Färbung erreichen.
Allerdings sollte man das Material nicht häufiger als nötig glühen, da jede Erhitzung zu einer Oxidation führt. Vor der Weiterverwendung des Metalls sollte immer die Oxidation mittels Beize entfernt werden.

Vorgehensweise:

Wie beim Lötvorgang wird das zu glühende Metallstück auf die Lötkohle gelegt und mit reduzierter (sauerstoffarmer) Brennerflamme über das Metall gestrichen, bis die nötige Temperatur (sprich Färbung) erreicht wird.

ACHTUNG:  Da sich die Spannungen verringern, können sich Biegungen im Metall verändern. Hierdurch kann es passieren, dass sich das erhitzte Metall bewegt und - im schlimmsten Falle - bei größeren Stücken das Metall von der Lötkohle rutscht. Dies ist mir mit einem nicht fixierten Draht passiert und hat gleich einen Brandfleck auf der Tischoberfläche hinterlassen. Also besser das Metallstück möglichst plan auflegen und falls nötig fixieren, z.B. mit Nadeln an der Lötkohle feststecken (geht allerdings nicht bei gepresster Kohle) oder mit der Lötpinzette halten. Außerdem für eine feuerfeste Oberfläche unter und neben der  - manchmal unerwartet kleinen - Lötkohle sorgen!

Nachdem die Temperatur für einen Moment gehalten wurde (30 Sek. genügen meist), lässt man das Metall zunächst kurz an der Luft auskühlen und schreckt es dann in Wasser ab.

Hiernach wird das Metall zuerst mit einer Bürste und Seife von möglichen Rückständen, wie beispielsweise Ruß, gesäubert, anschließend gebeizt und dann mit einer Messingbürste und Seife von Oxidationsrückständen befreit.





Um lange Drähte einfach zu erhitzen, sollten sie aufgerollt und mit Bindedraht zusammengehalten werden. Handelt es sich um einen sehr dünnen Draht, kann direkter Flammenkontakt ihn jedoch leicht zum  Schmelzen bringen. Um dies zu verhindern, kann ein Ofen verwendet werden. Der Draht wird locker gewickelt und in eine Konservendose gelegt, die in den Ofen gestellt wird. Ist kein Ofen vorhanden, kann man den Draht auch vorsichtig mit einer Zange in einer Kerzenflamme erhitzen. Hierbei wird der Draht aber sehr rußig.

Bei Stäben und dicken Drähten, die sich nicht ohne weiteres klein genug zusammenwickeln lassen, um auf die Lötkohle zu passen, habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie sich sehr gut glühen lassen, wenn man sie mit einer Lötpinzette senkrecht über dem Lötplatz in der Luft hält und mit der nach oben gerichteten Brennerflamme von unten nach oben erhitzt.
Da sich die Hitze jedoch auch in die Pinzette überträgt, sollte der Stab nach etwa der Hälfte gedreht werden.

ACHTUNG: Sowohl der Stab als auch die Pinzette werden sehr heiß! Auch wird der Stab weich - deshalb glühen wir ihn schließlich -, so dass er sich leichter unbeabsichtigt verbiegen kann. Außerdem kann der Stab bei Unachtsamkeit oder einer locker sitzenden Pinzette herunterfallen. Aus diesen Gründen besteht bei dieser Technik erhöhte Verletzungsgefahr!!! Daher unbedingt geeignete Kleidung tragen und nur über einer ausreichend großen feuerfesten Unterlage durchführen.



TIPP: Die durch das Ziehen oder Hämmern entstehende Materialhärte kann auch bewusst eingesetzt werden, um z.B. eine Nadel an einer Gewandschließe belastbarer zu machen.

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